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Die fehlende Vermögensteuer kostete Deutschland 380 Milliarden Euro

Die fehlende Vermögensteuer kostete Deutschland 380 Milliarden Euro

Die Berechnung bezieht sich auf einen Zeitraum von 26 Jahren. Befürchtungen, dass wohlhabende Menschen das Land verlassen, wenn sie einer Vermögenssteuer unterliegen, sind unbegründet. Eine Studie zeigte, dass Deutschland über starke Mechanismen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung verfügt, da das Land eine Steuer auf das Vermögen der reichsten Menschen in Deutschland in Höhe von 1 % pro Jahr erhob – bis die Steuer 1996 abgeschafft wurde. Von 1997 bis 2023 hat dieses Zugeständnis den deutschen Staat bereits mehr als 380 Milliarden Euro gekostet, heißt es in einer am Dienstag (02.07.) veröffentlichten Analyse des Netzwerks Steuergerechtigkeit und der Entwicklungsorganisation Oxfam.

Für die Reichen kann es kostspielig sein, das Land zu wechseln, um Steuern zu vermeiden

Foto: Deutsche Welle/Deutsche Welle

Dieser Betrag entspricht 80 % des geplanten Bundeshaushalts für 2024 von 477 Milliarden Euro. Mittlerweile ist das Vermögen der 100 reichsten Deutschen seit 2001 um 460 Milliarden Euro gestiegen.

„Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung befürwortet zwar die Wiedereinführung der Steuer, fürchtet aber gleichzeitig die Steuerhinterziehung der Reichen“, sagen die Autoren Michaela Alka und Christoph Trautvetter vom Berliner Netzwerk Steuergerechtigkeit.

Keine Angst vor Steuerhinterziehung

Unter dem Titel „Ohne Angst vor Steuerhinterziehung“ untersucht die Studie, mit welchen Gesetzen der deutsche Staat in den letzten 100 Jahren dieses Verhalten verhindern wollte. Seit der Einführung der Einwanderungssteuer im Jahr 1972 ist es für Ultrareiche teuer geworden, ihren persönlichen Wohnsitz einfach ins Ausland zu verlegen, da sie „ein Drittel ihres gesamten in Deutschland angesammelten Vermögens an der Grenze abgeben müssen“.

Alka und Trautvetter nennen ein Beispiel: Würde sich Susanne Klatten, Großaktionärin von BMW und reichste Frau Deutschlands, für einen Umzug von einem Land in ein anderes entscheiden, würde sie das rund 6,5 Milliarden Euro kosten.

Kurz vor Inkrafttreten des Gesetzes verließen sieben deutsche Milliardäre das Land. Auf spätere Fluchtversuche, etwa der Familie Porsche im Jahr 2010, reagierte der Gesetzgeber mit der Schließung von Schlupflöchern. „Eine steuerfreie Zuwanderung ist heute nur noch möglich, wenn das Erbe in Deutschland verbleibt und besteuert wird“, heißt es in der Studie.

Auch der Umzug von Unternehmen oder Teilen davon kann teuer sein. Der Öffentlichkeit nicht bekannte Steuerkategorien wie die „Entstrickungsbesteuerung“ oder Steuern auf Arbeitsplatzübertragungen führen dazu, dass Eigentümer im Land „fast die Hälfte ihres angesammelten Vermögens abgeben“ müssen.

Auch die klassische Steuerhinterziehung ist seit dem Inkrafttreten des automatischen Informationsaustauschsystems schwieriger geworden, das es nationalen Steuerbehörden ermöglicht, Daten aus mehr als 100 Ländern über die lokalen Bankkonten deutscher Steuerzahler einzuholen.

Die gemeinsame Analyse von Steuergerechtigkeit und Oxfam kommt zu dem Schluss, dass Befürchtungen, dass Milliardäre mit der Wiedereinführung einer Vermögensteuer Deutschland verlassen, unbegründet sind. Es besteht auch kein Grund zur Befürchtung, dass diese Maßnahme zu lokalen Arbeitsplatzverlusten führen wird.

Geben Sie der konservativen neoliberalen christlichen Regierung die Schuld

Insgesamt geben die Autoren der nationalen Steuergesetzgebung gute Noten: „Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten umfassende und international vorbildliche Regelungen geschaffen, die Steuerhinterziehung erheblich erschweren, wenn nicht sogar verhindern.“ Daher sei die Wiedereinführung einer Vermögensteuer „nicht nur möglich, sondern dringend notwendig“.

Die Möglichkeit der Vermögensbesteuerung ist in Artikel 106 des Grundgesetzes ausdrücklich vorgesehen, wobei die Erhebung der Beträge den jeweiligen Bundesländern obliegt.

Doch 1995 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Art und Weise der Steuererhebung bis dahin nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Unter anderem kritisierten die Richter die Bemessungsregel als veraltet und daher für die Grundsteuer zu niedrig.

Die damalige Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP stellte sich gegen die Forderungen des Gerichts nach einer Neubewertung und einer Verschärfung der Grundsteuer. Als Begründung hierfür nannten sie den hohen Höchststeuersatz von 53 %, der derzeit auf 45 % begrenzt sei.

Daraufhin setzte die konservativ-christlich-neoliberale Regierung unter Helmut Kohl die Erhebung der Vermögensteuer aus. Das entsprechende Gesetz wurde jedoch nie aufgehoben.

Im Jahr 1996, dem letzten Jahr der Einführung der Steuer, wurden umgerechnet 4,6 Milliarden Euro eingenommen. Diese Berechnung basiert auf der Annahme, dass die Einnahmen auf dem Durchschnitt der letzten Jahre vor der Aussetzung bleiben. In diesem Fall wird der jährliche Betrag bis 2023 bei rund 30 Milliarden Euro liegen, also bei mindestens 380 Milliarden Euro.

Siehe auch  Für die deutsche Wirtschaft wird im zweiten Quartal ein leichtes Wachstum erwartet